„Eine kleine Abwandlung eines Prozesses kann das gesamte System verändern“
Frauen in der Logistik – Einblicke in die Netzwerksimulation:
Dr. Nancy Kupfer ist Expertin im Themengebiet Network Optimization & Design. Im Fokus ihrer Arbeit stehen Simulationen, die dabei helfen, strategische Entscheidungen zu treffen und das Logistiknetz von Hermes Germany zukunftsfähig weiterzuentwickeln.
Die Logistik gilt nach wie vor als Männerdomäne. In unserer Serie „Frauen in der Logistik“ stellen wir regelmäßig Mitarbeiterinnen aus den unterschiedlichsten Bereichen vor. Diesmal: Dr. Nancy Kupfer, Project Manager für Network Development.
Nancy, wie bist du bei Hermes Germany gelandet?
Nancy Kupfer: Ich bin damals nach meiner Promotion auf den Job aufmerksam geworden. Als Mathematikerin geht einem in der Logistik natürlich das Herz auf. Es werden sehr viele Daten erhoben, die man für Optimierungsmodelle und Simulationen verwenden kann. Das fand ich in der Uni schon sehr interessant und tue das heute noch. Seit meiner Bewerbung sind bereits zehn Jahre vergangen und ich kann sagen, dass ich hier bislang eine sehr gute Zeit hatte, in der ich an vielen spannenden Themen gearbeitet habe.
Was zum Beispiel?
Nancy Kupfer: Seit meinem Einstieg widme ich mich schwerpunktmäßig dem Thema Strategische Netzwerkentwicklung. Vor dem Hintergrund des E-Commerce-Boom steht die Logistik immer wieder vor der Herausforderung steigender sowie gleichzeitig stark schwankender Sendungsmengen. Mit den damaligen Hermes Germany Kapazitäten wäre das heutige Volumen nur schwer zu bewältigen gewesen, zumindest zu unseren Qualitätsanforderungen.
Damals wie heute geht es also um die zentrale Frage: Wie muss unser Netzwerk gestaltet sein, um auch in Zukunft kundennah, flexibel und effizient aufgestellt zu sein – insbesondere mit Blick auf perspektivisch weiter steigende Sendungsmengen und sich stetig wandelnde Anforderungen an Kundenbedürfnisse, aber auch an Nachhaltigkeit? Es geht dabei um unterschiedlichste Überlegungen: Wie müssen wir unser Netzwerk weiter ausbauen? Welche Standorte braucht es dafür? Aber auch: Wie sind diese miteinander vernetzt?
„Wir wollten eine Hermes Lösung“
Wie geht man dabei vor?
Nancy Kupfer: Damals habe ich noch mit einer Software eines externen Anbieters gearbeitet, um verschiedene Standortszenarien und Logistiknetzwerke zu simulieren. Das hat schon sehr gut geklappt, aber die besagte Software war am Ende immer noch eine Branchenlösung.
Was wir als Unternehmen aber brauchten, waren individuelle Modelle – wir wollten eine Hermes Lösung. Deshalb wurde das Kompetenzteam Logistics Network Simulation zusammengestellt. Meine zentrale Aufgabe hier war es, eine eigene Software zu entwickeln, die unsere komplette Supply Chain abbildet und uns dabei hilft, bessere Entscheidungen zu treffen.
Was für Entscheidungen sind das zum Beispiel?
Nancy Kupfer: Hier mal ein greifbares Fallbeispiel: An einem Standort läuft der Mietvertrag aus. Dann stellen sich unter anderem die Fragen: Macht es für die zukünftigen Anforderungen an unser Netzwerk Sinn, dass Hermes den Mietvertrag verlängert? Oder können wir sogar gänzlich auf diesen Standort im Netzwerk verzichten? Lohnt es sich stattdessen, in einen Neubau an einem strategisch besser geeigneten Ort zu investieren? Das sind Entscheidungen im Millionen-Bereich. Dies muss also wohlüberlegt sein – und die Entscheidungsfälle sind mitunter komplex, aber die Software hilft uns mit ihren Simulationen dabei, die strategisch beste Lösung zu finden.
Und wie genau funktioniert das?
Nancy Kupfer: Ganz grob gesagt werden unser Logistiknetzwerk und seine Prozesse mit all seinen Standorten, Transporten und Spezifika wie saisonalen Schwankungen so realitätsnah wie möglich in der Software abgebildet – vom Moment der Sendungsannahme bis zu dem Punkt, an dem sie uns wieder verlässt. Die Simulationen, die mit diesem Modell erstellt werden können, bieten viele Erkenntnisse, unsere Services stetig zu verbessern – sei es in puncto Lieferzeiten, Kosten oder ökologischer Fußabdruck. Dabei steht nicht nur das Hier und Jetzt im Fokus. Die Gestaltung des Netzwerks muss vor allem auch nach vorn gerichtet sein. Die Simulationen zeigen, welchen Effekt man mit welcher Veränderung erzielen kann. Eine kleine Abwandlung eines Prozesses kann bereits das gesamte System verändern – ein klassisches Beispiel des Schmetterlingseffekts.
„Ich mag es, um die Ecke zu denken“
Was magst du an deinem Job besonders?
Nancy Kupfer: Mir macht es Spaß, die hochkomplexen Prozesse von Hermes Germany so zu abstrahieren, sodass man sie in einfachere Modelle übersetzen kann. Ich mag es, um die Ecke zu denken und mich ständig weiterzuentwickeln. Ich brauche im Job die Herausforderung und trete nur ungern auf der Stelle. Und zu guter Letzt schätze ich meine Kolleginnen und Kollegen und das freundliche Miteinander in unserem Team. Erst so macht die Arbeit richtig Spaß.
Vielen Dank für das Gespräch! (Hermes Germany/Philipp Stiens (Senior Editor)